Covid-19 in unseren Parntergemeinden in Tansania

In Zeiten der Covid-19-Pandemie sind wir versucht, viel über die Krise und uns selbst nachzudenken - auch darüber, was die Pandemie für wirtschaftliche Konsequenzen für unser Land zeitigt. Darüber hinaus vergessen wir nur allzu schnell, welch gravierende Katastrophen das Virus in anderen Ländern auslöst, denen es wirtschaftlich nicht so gut geht wie uns selbst.

Seit vielen Jahren pflegt unsere gemeinde und das gesamte Dekanat München eine intensive Partnerschaft mit der Lutherischen Kirche in Tansania. Grund genug, sich mal wieder für die dortige Lage zu Zeiten der Pandemie zu interessieren.

Hier ein Ausschnitt aus der aktuellen Ausgabe "Tansania-Informationen (Mai 2020)" von Mission EineWelt:

Die allgemeine Lage in Tansania

Der Alltag in Tansania war im April von Befürchtungen und Veränderungen aufgrund der Coronakrise
geprägt. Täglich fahren Lautsprecherwagen durch Wohngebiete und spielen Ansagen
sowie neuerlich entstandene Lieder zur Vorsorge gegen Ansteckungen ab. Entsprechende
Aufnahmen werden auch laufend in allen Radiosendungen eingeblendet. Der Wortschatz
des Kisuaheli wurde im Volksmund um das Verb “ku-koroneka” erweitert (mit dem
Coronavirus angesteckt sein).

Seit dem 20. April besteht für Dar es Salaam eine Maskenpflicht; sie wird in den Innenstadt
fast vollständig, in Wohnquartieren der Vorstädte teilweise befolgt. Ende März wandte sich Staatssekretär Jingu (Gesundheitsministerium) gegen das verbreitete Gerücht, COVID sei eine Krankheit der Weißen und daher keine Gefahr für Afrikaner. Mitarbeiter des öffentlichen Gesundheitswesens seien dafür verantwortlich, die Vorsichtsmaßnahmen zu popularisieren, bevor die lokale Ansteckungswelle einsetze.
Im April stiegen die Zahlen von bestätigten COVID-19 Infektionen stark an, wobei die Testkapazität nach wie vor unzureichend ist und die Frage der Dunkelziffer nur spekulativ beantwortet werden kann. Noch am 29. März waren lediglich 14 Personen identifiziert, die fast alle aus dem Ausland eingereist waren. Die Zahlen stiegen bis Ostern leicht an. Am 9. April teilte die Gesundheitsministerin mit, dass mittlerweile die Infektion in der örtlichen Bevölkerung auftrete. Seit Ostern verstärkte sich der Anstieg.

Ende April waren 299 Infektionsfälle bestätigt, von denen 48 als geheilt wieder aus der Behandlung entlassen und 10 verstorben waren. Seit dem 11. April sind Tansanias Flughäfen für jeglichen Passagierverkehr geschlossen. Ethiopian Air war die letzte Gesellschaft, die noch eine Verbindung mit der Außenwelt aufrechterhalten hatte. Frachtflüge sind weiterhin erlaubt. Die Besatzungen werden während ihres Aufenthalts isoliert. Air Tanzania und Precision Air fliegen nur noch Inlandsziele an.
Die am 17. März verfügte Schließung der Schulen und Hochschulen und das Verbot öffentlicher Versammlungen wurde auf unbestimmte Zeit verlängert. Damit wurden auch die jährlichen Kundgebungen zum Tag der Vereinigung von Tanganyika und Sansibar am 26. April sowie zum 1. Mai abgesagt; das vorgesehene Festbudget soll dem Gesundheitsministerium zur Verfügung gestellt werden.
Präsident Magufuli sprach sich wiederholt gegen Ausgangssperren (“lockdown”) aus. Dies sei insbesondere für Dar es Salaam angesichts der wirtschaftlichen Folgen indiskutabel. In einem vom Fernsehen übertragenen Grußwort im Karfreitagsgottesdienst seines Heimatortes Chato (Viktoria-see) warnte er vor drohender Lebensmittelknappheit im Lande. Er rief die Bürger dazu auf, hart zu arbeiten. Die Regierung werde sie dabei unterstützen und trotz der Epidemie keine Ausgangssperre verhängen. Auch eine Schließung des Hafens von Dar es Salaam sei wegen der Folgen für die Nachbarländer, die von diesem Hafen abhingen, unverantwortlich. Parlamentspräsident Ndugai unterstützte anlässlich der Haushaltsdebatte die Corona-Linie des Präsidenten. Tansania könne keine Ausgangssperre wie europäische Länder verhängen. „Damit bringen wir unsere Leute um, Viele leben nur von Tag zu Tag“. Tansania müsse Methoden anwenden, die zur Situation des Landes und der Menschen passen.
(BBC 01.04.20; Citizen 11,.14.,15.04.20; Eastafrican 24.04.20)


Amana- Krankenhaus
Das Distriktskrankenhaus Amana wurde zur zentralen Isoliereinrichtung für COVID-19 Patienten
in Dar es Salaam erklärt. Alle sonstigen Patienten wurden in andere Einrichtungen verlegt. Nach wenigen Tagen kam es zu einem nächtlichen “Ausbruch” von Patienten. Die zuständige Distriktskommissarin wollte sich nicht zu Einzelheiten äußern; sie habe davon gehört, dass angeblich Einige das Gelände verlassen hätten, könne dies aber nicht bestätigen. Wenn das der Fall gewesen sei, würden sie aufgespürt und zurückgebracht. In den sozialen Netzen war die Rede davon, dass es in der Quarantäne-Einrichtung weder ausreichendeVerpflegung noch medizinische Betreuung gegeben habe.
(Citizen 19.04.20, Guardian 24.04.20)


Zensurbemühungen
Die Regierung versuchte, die Informationen über die Ausbreitung der Epidemie zu kontrollieren
und die Verbreitung von Gerüchten zu verhindern. Weiterhin dürfe nur die Regierung über Ansteckungen im Lande informieren. In Shinyanga wurde eine 23jährige Studentin der Universität von Dar es Salaam verhaftet, die in einer Whatsapp-Gruppe eine Meldung weitergegeben hatte, wonach die Zahl der COVID-19-Erkrankungen bereits bei 240 Fällen liege. Gegen sie wurde ein Strafverfahren wegen Verbreitung falscher Informationen und Verstoßes gegen das Statistikgesetz eröffnet. Dies war am 12. April der dritte Fall von Strafverfolgung wegen Weitergabe von nicht offiziellen Zahlen. Am 16. April wurde der Zeitung Mwananchi ihre Zulassung für online Nachrichten für 6 Monate entzogen und das Blatt mit einer Buße von TZS 5 Mill. (€ 2.000) belegt; es habe „für Verwirrung in der Gesellschaft gesorgt”. Mwananachi hatte am 13.4. auf seiner Internetseite ein Kurzvideo veröffentlicht, das den Präsidenten in seinem Heimatort Chato beim Fischkauf im Gedränge des örtlichen Marktes zeigt. Dies führte zu Kommentaren, warum der Präsident sich nicht an seine eigene Empfehlung zum Abstandhalten in Coronazeiten halte. Das Video
war jedoch bei einem früheren Besuch Magufulis aufgenommen worden. Die Zeitung wurde von der Medienaufsicht TCRA zur Stellungnahme aufgefordert, wie sich die Veröffentlichung zur Verordnung von  2018 über Online-Inhalte verhalte [Red.: die Behörde bezog sich dabei auf einen Abschnitt 12 (1), den es in dieser Zählung in der Verordnung nicht gibt]. Mwananchi veröffentlichte am selben Tag eine Entschuldigung, was die zwei Tage später erfolgte Stilllegung nicht verhinderte. [Red: Bis Redaktionsschluss gab es auf youtube noch ein Video des Mwananchi Digitalkanals - von der Aufsicht entweder übersehen oder ihrem Zugriff entzogen - das den Präsidenten an seinem Ankunftstag 28.03. beim Kaffeetrinken auf einem Platz dicht an dicht mit Bürgern sowie beim Gemüsekauf auf dem Markt vor einer gedrängten Menschenmenge zeigt].

Das Außenministerium verwarf die Kritik des UN-Menschenrechtsbüros an Menschenrechtsverletzungen in Tansania als gegenstandslos und verleumderisch. Das UN-Büro hatte der Regierung im März vorgeworfen, die Justiz zur Unterdrückung von Kritikern zu missbrauchen. Demokratische und bürgerliche Freiräume seien praktisch komplett verschwunden. Das seit vier Jahren bestehende Verbot politischer Versammlungen müsse unverzüglich aufgehoben werden.
(Citizen 18.04.20; East African 10.04.20; Jamiiforums 16.04.20; Mwananchi Digital/ youtube 28.03.20)

 

Dieser Text ist den "Tansania-Informationen (Mai 2020)" von Mission EineWelt entnommen. Hier finden Sie die vollständige pdf-Datei zum Weiterlesen: